Aloys F. Gangkofner am Ofen in Waldsassen

Foto: Privatarchiv

FREIGEBLASENE GLÄSER

- - -

Das Wiederauffinden und Anwenden alter Glasmachertechniken war Aloys F. Gangkofner ein großes Anliegen. 1952 ermöglichte ihm die Glashütte Lamberts in Waldsassen, dort zu experimentieren und zu arbeiten. Sie stellte ihm nicht nur die Hütte, sondern auch die Glasmacher zur Verfügung. Aloys F. Gangkofner verstand es, die Glasmacher so zu begeistern, dass sie verlorene Freizeit und außerordentliche Anstrengungen vergaßen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist über Jahre aufgebaut worden. Nur so konnten die einzigartigen Gefäße entstehen. Eine flüchtige Skizze zur Form an der Tafel, oft auch nur an einer Ofenwand, genügte den Glasmachern, um zu erkennen, was Aloys F. Gangkofner wollte. Hier muss im Besonderen Ludwig Vorberger genannt werden, der durch seine schnelle Einfühlungsgabe und sein glasmacherisches Können Wesentliches zur Zusammenarbeit beitrug. Das Aufblasen übernahmen die Glasmacher, das Formen führte Aloys F. Gangkofner aus. Techniken, die in der Glasfabrik Lamberts schwer durchzuführen waren, wurden am Ofen in der Fachschule für Glas in Zwiesel ausprobiert. Ebenso arbeitete Aloys F. Gangkofner am Ofen in den Hessenglaswerken in Stierstadt. Hier entstanden nicht nur freigeblasene Gefäße, sondern auch seine Prismen-Module, die er für seine freien Arbeiten anwendete. Sein sicheres Formgefühl, seine Kenntnis um die alten Glasmachertechniken und das Beherrschen der Materie Glas führten zur Verwirklichung seiner Formvorstellung. Seine Verbundenheit mit dem Handwerk war immer spürbar.

Aloys F. Gangkofners freigeblasene Gefäße erregten in den 50er Jahren großes Aufsehen. Sie wurden von Museen und Sammlern angekauft, in Ausstellungen in Europa, den Vereinigten Staaten, sogar in Indien durch den Deutschen Kunstrat gezeigt. Die zahlreichen Zeitungskritiken waren manchmal überschwenglich. Viele Gläser kehrten von Ausstellungen nicht zurück, zerbrachen oder wurden verschenkt.

Dank an Ambros Hofmann, Fachlehrer an der Glasfachschule Zwiesel, für die fachlich richtigen Bezeichnungen.

Fachschule für Glas, Zwiesel. ca. 1960. H 59 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Beschreibung der Hohlschnürltechnik, Fachschule für Glas, Zwiesel, 1959

Foto: Privatarchiv

Hohlschnürltechnik, Fachschule für Glas, Zwiesel, 1959, H 56,5 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Hessenglaswerke, Stierstadt, 1963, H 45 cm, 53,5 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Geschleudert, oval, geschliffen, Hessenglaswerke, Stierstadt, 1960,  Ø 57 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Links: Faden aufgesponnen, überstochen, Lamberts, Waldsassen, ca. 1954, H  66 cm
Mitte: Opalfaden auf das fertig geformte Glas aufgesponnen, Lamberts, Waldsassen, ca. 1954, H 45 cm
Rechts: Bänder aufgerollt, zum Kölbl geformt, überstochen, Lamberts, Waldsassen, 1959, H ca. 28 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Leicht gebläseltes Grundglas, Faden aufgesponnen, gerissen, geschleudert und gefaltet, Lamberts, Waldsassen, 1953, H 12 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Gebläseltes Grundglas, Faden grob, aufgesponnen, überstochen, Lamberts, Waldsassen 1952, H 25 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Gebläseltes Grundglas, Faden aufgesponnen, geschleudert, Lamberts, Waldsassen, 1954, Ø 50 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Links: Fadenauflage, gerissen, überstochen, Lamberts, Waldsassen, ca. 1959, H  31,5 cm
Mitte: Faden aufgesponnen, gerissen, überstochen, Lamberts, Waldsassen, 1953, H 34,5 cm
Rechts: Faden aufgesponnen, gerissen, überstochen, Lamberts, Waldsassen, 1953, H 30 cm

Foto: Wolfgang Pulfer

Graublau, geschnitten und gefaltet, Lamberts, Waldsassen, 1952, H ca. 45 cm

Foto: Elfriede Vondran

Gebläseltes Grundglas, grob geschnitten, geschleudert, leicht gefaltet, Lamberts, Waldsassen, 1952, H ca. 15 cm

Foto: Elfriede Vondran

Threads spun onto the shaped glass, ceased, Lamberts, Waldsassen, 1952, Vase H 43 cm, Krug H 52 cm

Photo: Walter Müller-Grah

Am Ofen in Waldsassen

Foto: Privatarchiv

ALOYS F. GANGKOFNER schreibt 1953
ZU SEINEN EIGENEN ARBEITEN

in „Glas im Raum. Zeitschrift für veredeltes Glas“, Stuttgart

- - -„Glas: Durch Feuer aus Erde zu eigenständiger Materie geschaffen und durch den Atem des Menschen zu Formen und Leben gestaltet. So wird es uns sichtbar, aus dem weichen, formbaren, erstarrt zum Dokument des zur Tat gewordenen Gedankens. Dieser Vorgang ist mir immer wieder von Neuem Abbild und Offenbarung des Elementaren und Urschöpferischen. Die ganz besonderen Eigenheiten des Materials „Glas“ fordern in hohem Maße deren Kenntnis für den Formenden. So wie ein Mensch im Allgemeinen in der Sprache denkt, mit der er aufgewachsen ist, ist es in gleichem Maße für den Glasformenden erforderlich, mit seinen Gedanken in selbstverständlichem Einvernehmen mit der Materie „Glas“ zu stehen.“

Am Ofen in Waldsassen

Foto: Privatarchiv

„Auf beiden Gebieten, dem handwerklichen wie dem industriellen, ist das Bewusstsein nötig, welche wesentlichen Merkmale das eine wie das andere auszeichnet. Das Indstrieprodukt, das durchaus sehr gut geformt sein kann, hat den Bedarf an allgemein gebräuchlem Gerät zu decken. Es weist jedoch niemals die Ursprünglichkeit des von Hand Geformten aus. Die Aufgaben im Handwerklichen liegen gerade darin, geeignetes Material und verschiedene Techniken zu lebendiger und einmaliger Form zu gestalten.“


„Es stellt sich die Frage: Warum überhaupt handwerkliche Fertigung, wenn hervorragend gefertigtes  Industriegut, das allen praktischen Anforderungen genügt und günstiger herzustellen ist, zur Verfügung steht? Ich betrachte dieses lebendig handwerkliche Schaffen nötiger denn je. Der Mensch von heute, bis ins kleinste Detail spezialisiert, ist Sklave des ihm aufgebürdeten Alltags geworden. Sollten ihn nur noch unpersönliche, zweckmäßige Dinge umgeben? Hier liegt die Aufgabe des mit Verantwortung schaffenden Kunsthandwerkers, das nur Zweckmäßige zu überwinden, eine hohe Ausdruckskraft zu finden und wieder Vielfältigkeit ins Leben zu bringen.“